
Ein ganz persönlicher Balanceakt zwischen Abgrenzung und Leistungserbringung
Gesundheit und Karriere – ein Balanceakt. Gesundheit und Karriere sind zwei Themen, die in vielen Bereichen unseres Lebens miteinander verknüpft sind. Doch wie können wir uns als Frauen dafür entscheiden, beides zu vereinbaren, ohne dabei auszubrennen?
Was das Netz so sagt
Eine schnelle Suche auf Google oder Bing zeigt deutlich, dass die Frage von Gesundheit und Berufsleben oft mit der Frage von Familie und Beruf gleichgestellt wird. Aus rein rechtlicher Sicht gibt es sehr viele Gesundheits- und Personalschutzvorschriften von maximalen Arbeitszeiten über Fürsorgepflichten zu Krankheitstagen. Die Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz konkretisiert diese Anforderungen und umschreibt im Grundsatz in Art. 2: „Der Arbeitgeber muss alle Massnahmen treffen, die nötig sind, um den Gesundheitsschutz zu wahren und zu verbessern und die physische und psychische Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten.“ Aber oft ist es nicht etwas so Greifbares, was krank macht. Seit geraumer Zeit – insbesondere seit der Burn-out-Welle und Covid – wissen wir, dass die Psyche eine enorme Rolle beim Thema Gesundheit spielt und auch die Leistungsfähigkeit ausserhalb der Kategorien gesund und krank beeinflusst.
Was die Wissenschaft von sich gibt
H. W. Opaschowski schreibt in „Work Life Balance: Mehr Wunsch als Wirklichkeit? Zur Problematik der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Arbeit und Freizeit“: „Für die privilegierten Vollzeitbeschäftigten wird die Arbeit immer intensiver und konzentrierter, zeitlich länger und psychisch belastender, dafür aber auch – aus der Sicht der Unternehmen – immer produktiver und effektiver. Die neue Arbeitsformel für die Zukunft lautet: 0,5 x 2 x 3, d. h., die Hälfte der Mitarbeiter verdient doppelt so viel und muss dafür dreimal so viel leisten wie früher.“ Seine Schlussfolgerung lautet eher deprimierend: „In der Realität der Arbeitswelt von heute erweist sich das Work-Life-Balance-Konzept eher als Karrierekiller“ (ebenda).
Was ich so dazu sage
Mehr als alles andere stehen meist Frauen die eigenen Gefühle im Weg, insbesondere Schuldgefühle. Schuldgefühle haben sowohl auf die Arbeit als auch auf das Privatleben einen ungünstigen Einfluss. Wir erfüllen viele unterschiedliche Rollen, doch im Gegensatz zu früher ist die starre Trennung von Berufsleben und Privatleben, was bisher als wesentliches Strukturmerkmal arbeitsteiliger Industriegesellschaften galt, stark aufgeweicht. Auf der individuellen Ebene bedeutet dies eine ständige Quelle von Rollenkonflikten, welche wiederum Stress verursachen. Wie soll sie also aussehen, die Karriere ohne Einbussen im gesundheitlichen Bereich? Einige Massnahmen, die hierbei helfen können, sind uns ja meist bekannt (Schlaf, Sport, Rituale u. s. w.). Viel wichtiger scheint mir, sich darüber klar zu werden, dass sich Menschen Zeit für ihre unterschiedlichen Rollen und Bedürfnisse nehmen müssten, jedoch ohne diese zu vermischen.
Nur machen bringt nichts
Oftmals machen wir uns zu viel Druck und nehmen uns zu wenig Zeit, um uns auszuruhen und Kräfte zu sammeln, und zwar ganz und gar. Stellt aber sicher, dass dies nicht zu einem weiteren Stressor wird, den ihr von eurer To-do-Liste abhaken müsst.
Die Entscheidung über die Prioritäten
In der heutigen Zeit bieten Unternehmen im Zeichen des Fachkräftemangels unterstützende Massnahmen für berufstätige Eltern an oder erlauben mit Homeoffice-Plätzen, flexiblen Arbeitszeitmodellen, Zeitkonten, Kinderbetreuungsangeboten eine gewisse Toleranz. Allerdings gibt es immer einen grossen Dissens zwischen der offiziellen Ausrichtung eines Unternehmens und der gelebten Realität – besonders, wenn der Lohn leistungsbasiert ist oder Projektarbeiten abgeschlossen werden müssen. Am Ende ist es eine Frage der Priorität für den Arbeitgeber/die Karriere und den Arbeitnehmer/das Privatleben. Wer einen Marathon laufen will und lange leistungsfähig bleiben möchte, der legt mehr Wert auf die Ruhezeiten und psychologischen Pausen. Wer einen Sprint läuft, der leistet oft kurzfristig mehr, ist aber früher oder später körperlich oder seelisch ausgebrannt. Wo die Grenze liegt, muss jeder leider für sich selbst herausfinden. Beide Entscheidungen sind legitim, man muss sich nur der Konsequenzen bewusst sein. In diesem „bewusst Sein“ lebt es sich in jedem Fall gesünder.
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